Konstant in der Veränderung

Steamboat Switzerland mit Marc Kilchenmanns «Egregoros»

Steamboat Switzerland mit Marc Kilchenmanns «Egregoros»

Das Experiment als Spiel mit dem Ausloten und bewussten Überschreiten von Grenzen kennzeichnet die Auftritte der Band Steamboat Switzerland. Mit der damit verbundenen Kompromisslosigkeit erregt sie Anstoss, führt sie aber immer wieder zu aufschlussreichen Befunden.
Michelle Ziegler

Federführend im Experiment des jüngsten Programms «Sederunt Principes» ist der Berner Komponist Marc Kilchenmann, der mit seiner neuen Komposition «Egregoros» in zwei Fassungen für Aufsehen sorgt. Als «Maschine» mit unabhängig voneinander ablaufenden, vertrackten Zahnrädern ist diese der Band auf den Leib geschnitten. Sie bricht mit vermeintlichen Prämissen des musikalischen Vortrags und fordert von den Musikern des Trios Dominik Blum (Hammond-Orgel), Marino Pliakas (Elektrobass) und Lucas Niggli (Schlagzeug) und den acht Bläsern Raphael Camenisch, Phillip Stäudlin, Donna und Ernesto Molinari, Nenad Markovic, Matthias Spillmann, Dirk Amrhein und Patrick Crossland höchste Konzentration.

Gut erkennbarer Kontrast

Nicht nur das Tempo verändert sich in der ausnotierten Partitur des Trios gemäss Sinuskurven, sondern auch die Dynamik, die Artikulation – beim Schlagzeug der Hall – und in Überlagerungen auch die Tonhöhen. In der so bewirkten ständigen Veränderung findet die Komposition zum Gleichbleibenden, was Kilchenmann auf die Dialektik nach Heraklit bezieht. Nicht alle Details dieser Veränderungen sind wahrnehmbar. Gut erkennbar hingegen ist der Kontrast zu den blockartigen, von repetitiven Mustern geprägten Einsätzen der Bläser in der erweiterten Fassung, die zunächst leise und langsam ablaufen, dann immer lauter und schneller. Diese Musik hat körperliche Präsenz, ist hochkomplex und lähmend, so will es Steamboat Switzerland, so funktioniert es mit Kilchenmanns Komposition.

Quer zur Hörgewohnheit

In der Eröffnung gibt die Band einmal mehr Zeugnis ab von ihrem beispiellosen Verständnis der musikalischen Superlative. Nahtlos fügen sich Kilchenmanns Umsetzung eines der grafischen Pläne des radikalen Schweizer Komponisten Hermann Meier und eine Adaption von Perotins «Sederunt Principes» an, die sich aufgrund der kurzen Improvisationen von Lucas Niggli der Ästhetik der Rockmusik annähert und sich damit quer zur Hörgewohnheit vieler stellen dürfte.

Steamboat Switzerland mit Marc Kilchenmanns «Egregoros» (Ausschnitt 4.5 Min)

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